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Richtig entspannen
Mag. Dr. Melanie Robertson
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Richtig entspannen - Maßnahmen & Techniken 

Gesundheit ist dann gegeben, wenn es einen Ausgleich zwischen Spannung und Entspannung gibt. Viele Menschen finden diesen Ausgleich nicht und tragen ein Übermaß an Spannung mit sich – mit allen negativen gesundheitlichen Auswirkungen. Dr. Peter Gartner, der Medizinische Leiter im Park Igls, tauscht sich mit der Klinischen Neuro- und Gesundheitspsychologin Dr. Melanie Robertson darüber aus, welche Maßnahmen und Techniken am besten dazu geeignet sind, um den notwendigen Ausgleich zu schaffen.

Warum ist Entspannung für den Menschen so wichtig?

Dr. Gartner: Alles, was wir kennen, steht in einer Wechselbeziehung von Anspannung und Entspannung. Das beginnt bei der einzelnen Muskelfaser: Sie benötigt Energie, um sich zusammenzuziehen und Energie, um sich zu entspannen. Um ein Ungleichgewicht zu vermeiden, muss am Ende des Tages gleich viel Anspannung wie Entspannung da sein. Ziel ist daher immer der Ausgleich. In medizinischen Systemen wie der TCM ist der Ausgleich oder die Balance letztendlich das, was Gesundheit definiert. 

Dr. Robertson: Eine kurze Aktivierung bzw. kurze Stressphase wirkt leistungssteigernd, chronischer, lang anhaltender Stress kann sich jedoch in psychischen und körperlichen Erkrankungen niederschlagen. Auch im sozialen Bereich treten Probleme auf, es leiden Beziehungen und Freundschaften. Ausgleich ist daher das zentrale Thema: Auf Anspannung muss Entspannung folgen. Wenn dies geschieht und man auf einen Ausgleich der Energiereserven achtet, können Belastungen gut gemeistert werden. Konkret heißt das: Wenn man nach fordernden Zeiten zeitnah Entspannungsphasen einlegt, bleibt man nachhaltig leistungsfähig.

Dr. Gartner: Wir erleben bei unseren Patientinnen und Patienten, die Gesundheit und Entspannung im Urlaub bei uns suchen, immer wieder, dass es zu Stress führt, wenn die Anspannung zu lange anhält. Muskeln verspannen sich, das Blutlabor bringt zutage, dass Substanzen wie der Entzündungsmarker Interleukin-6 vermehrt ausgeschieden werden. Das führt wiederum dazu, dass Cortisolspiegel und Blutzucker steigen. Dadurch entstehen eine Reihe von so genannten Zivilisationskrankheiten. Stress macht also definitiv krank, darum ist es auch so wichtig, immer den Ausgleich zu finden.

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Ist es gesund, nur entspannt zu sein?

Dr. Gartner: Nein. Wir sprechen hier vom Fatigue-Syndrom, das eintritt, wenn die Nebennieren vollkommen ausgebrannt sind und weder Stresshormone noch Spannungs- oder Sexualhormone bilden. Geschieht das, dann fehlt es an allem – an Energie, an Potenz –, man liegt den ganzen Tag im Bett. Man ist vielleicht scheinbar entspannt, aber nicht gesund.

Dr. Robertson: Viele Post-Covid-Patienten und -Patientinnen machen leidvolle Erfahrungen mit dem Chronischen Fatigue-Syndrom ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis). Das ist sehr schwer nachweisbar und schlimmer als eine schwere Depression. Oft mangelt es in der Umgebung an Verständnis. Menschen mit dem Fatigue-Syndrom, die beim Urlaub in Österreich Entspannung suchen, profitieren sehr von einem Aufenthalt im Park Igls.

Tiefenentspannung lernen

Was legen Sie Stresspatientinnen und -patienten beim Erstgespräch nahe?

Dr. Robertson: Mir persönlich ist es wichtig, an der Ursache anzusetzen. Gemeinsam mit dem Patienten bzw. der Patientin identifiziere und bearbeite ich stressauslösende und energieraubende Faktoren. Dann beginnen wir damit, den Alltag umzustrukturieren. Selbstschutz ist in dieser Phase ein großes Thema: Unter Umständen kann es wichtig sein, sich von Themen und Personen zu distanzieren. Ausgelaugte Menschen sind oft sehr hingebungs- und aufopferungsvoll und tendieren dazu, sich Erwartungshaltungen selbst aufzuerlegen. In einer Erstintervention erhält die Patientin bzw. der Patient daher ein Tool, das ihr oder ihm dabei hilft, sich zu regulieren. 

Dr. Gartner: Ich verschreibe allen meinen Patientinnen sowie Patienten die Mayr-Kur, die aufgrund des gründlichen Kauens eine beinah meditative Wirkung erzielt. Das Motto lautet: „Runterkommen durch Kauen”. Spätestens nach zwei Tagen setzt die Entspannung ein, die Darmschleimhaut wird aufgebaut, der Körper produziert vermehrt Serotonin. Die Kur schafft einen Ausgleich im Neurostoffwechsel. Wenn das eintritt, freuen wir uns sehr. 

Dr. Robertson: Was unseren Gästen auch dabei hilft, in der Entspannung anzukommen, ist die klare Struktur. Sie profitieren von den klaren Essenszeiten und unserer Tagesstruktur, aus der sie eine stimmige, gut integrierbare Struktur für ihren Alltag ableiten können.

Welche Entspannungstechnik passt zu mir?

Zur Entspannung kann nur die Technik führen, die zur eigenen Person passt. Dr. Robertson und Dr. Ga…

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Dr. Robertson: Um Entspannung zu finden, gibt es für jeden Typ eine passende Technik. Sei es der körperliche oder imaginative Ansatz, seien es Achtsamkeitsübungen in der Natur. Zahlreiche Studien belegen die wohltuende Wirkung eines Aufenthalts im Wald, der durch seine klare Umgebung, seine reduzierten visuellen Reize, natürlichen Geräusche, ätherischen Düfte, Vogelgezwitscher usw. stressreduzierend wirkt. Auch Musik wirkt entspannungsfördernd, wie zahlreiche Studien belegen. Daher umfasst unser Angebot auch Tiefenentspannung mit Harfe. Wir finden für jeden die passende Technik. 

Dr. Gartner: Atemübungen sind ebenfalls Teil der Mayr-Kur. Weil Atmen und Entspannen zusammenhängen, üben wir im Rahmen der Bauchbehandlung tiefes Einatmen und eine Zwerchfellatmung. So wird die Schlackenflüssigkeit aus dem Bauchbindegewebe und Fettgewebe mobilisiert und abtransportiert. Diese Technik entwickelte Mayr 1955 noch mit 80 Jahren; ich profitiere heute davon, weil unsere Gäste richtig schön atmen lernen. Zusammenfassend kann man sagen: Ob Atemübungen oder andere Entspannungstechniken – die Herangehensweise ist individuell, entscheidend ist das Ergebnis.

Dr. Robertson: Es stehen zahlreiche Techniken zur Verfügung, die das vegetative Nervensystem beruhigen, den Puls nach unten bringen, die Anspannung im Körper lösen und Entspannung herstellen und damit als Übung bei Burn-out, Stress oder Depression in Frage kommen. Sei es eine Atemtechnik zum Entspannen oder Autogenes Training, das darauf abzielt, im Körper Schwere und Wärme herzustellen, oder die Progressive Muskelentspannung, in der man Muskelpartien verschiedener Körperregionen isoliert anspannt und entspannt. 

Darüber hinaus wirkt jedes Hobby entspannend. Vielfach wissen Menschen sehr gut, was den gewünschten Entspannungseffekt auslöst, das Problem besteht eher darin, dass sie sich die Entspannung nicht erlauben bzw. diese nicht priorisieren. Auch das ist notwendig –
sich Entspannung zuzugestehen. Ob Malen oder Klavier lernen – wir motivieren unsere Gäste, ihre individuell ausgleichenden Tätigkeiten auszuüben. Auch eine Dusche kann für Entspannung nach der Arbeit sorgen.

Dr. Gartner: Die Feldenkrais-Methode geht auf den Wissenschaftler und Kampfsportlehrer Mosché Feldenkrais zurück. Er strebte in seiner gesamten aktiven Zeit danach, seine Technik zu perfektionieren. Ausgangspunkt seiner Technik ist, dass alle Bewegungsabläufe im Kleinhirn gespeichert sind, auch schmerzverursachende Fehlbewegungen. Um gesunde Bewegungsabläufe wiederherzustellen, zerlegte Feldenkrais die einzelnen Bewegungen in ihre Elementarteile und setzte sie langsam durch mehrfaches Wiederholen neu zusammen. Durch diese Technik werden falsche Bewegungsmuster korrigiert und gesunde Bewegungsabläufe im Kleinhirn gespeichert. Kleinste Bewegungen werden größer, runder, sauberer und schmerzfreier. Diese Übungen eignen sich bei allen Beschwerden des Bewegungs- und Stützapparats sowie bei chronischen Schmerzen, Rückenschmerzen, Schmerzen an der Halswirbelsäule usw. Für mich ist die Feldenkrais-Methode ein kleines Wunderding.

Dr. Robertson: Unsere Gäste wissen zu Beginn der Feldenkrais-Woche oft relativ wenig über diese Technik. Hinterher sind viele so begeistert, dass sie die Übungen nachhaltig anwenden. Die Übungen lernen wir auch, um uns zu entspannen. Meiner Beobachtung nach entschleunigt das Erlernen dieser Technik die Teilnehmer und Teilnehmerinnen unheimlich, die körperlichen Abläufe werden insgesamt flüssiger und stimmiger. Kleinste Veränderungen haben Auswirkungen, die Wahrnehmung wird geschärft, auch die Psyche wird entschleunigt, was gut zu unserem holistischen Ansatz passt.

Dr. Gartner: Die Feldenkrais-Übungen bauen auf dem Prinzip Anspannung und Entspannung auf, wobei der Bereich Entspannung einen größeren Raum einnimmt. Durch Fehlbewegungen ist ein Übermaß an Spannung da, die meisten haben ein Defizit auf der Entspannungsseite. Bei den Feldenkrais-Übungen lernt man wieder, Entspannung in den Körper zu bringen. 
 

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Über den Autor

Dr. med. Peter R. Gartner

Nach seinem Medizinstudium in Innsbruck und der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin spezialisierte sich Dr. Gartner auf Ganzheitsmedizin, Ernährungsmedizin, Akupunktur sowie Hypnosetherapie und praktiziert seither mit großem Erfolg Diagnostik und Therapie nach Dr. F. X. Mayr. Er ist zudem ein gefragter Redner auf Fachkongressen und gibt seit vielen Jahren sein Wissen im Park Igls Blog weiter.

Über die Autorin

Mag. Dr. Melanie Robertson

Mag. Dr. Melanie Robertson ist Klinische, Neuro- und Gesundheitspsychologin im Gesundheitszentrum Park Igls, und spezialisiert u. a. auf Stressprävention und Akutinterventionen bei Ängsten.